Montag, 4. April 2016
wieviel Schmerz kann ein Mensch ertragen?
Ich weiß gar nicht genau, wie ich es in Wort fassen soll... die Zeit, die mein Mann zu Hause war, war einfach viel viel zu kurz. Mittwoch war noch alles ok, Donnerstag wurd ich wieder schwer depressiv. Den ganzen Tag hatte ich einen Kloß im Hals, weil wir Mittwoch uns nicht gesprochen hatten. Früher hatten wir immer kurz telefoniert, wenn wir uns über Nacht nicht sehen konnten. Heute überfordert ihn das. Und mir fehlt es so. Alles ist so unnormal, alles ist zum Schmerz geworden.
Das einzige, was mich aufheitert, sind die Kinder. Gott, wenn ich sie nicht hätte, wäre ich nicht mehr auf der Welt. Lebensfreude ist komplett erloschen und darum sauge ich die Momente mit den Kindern auf.
Freitag dann immernoch kein Anruf seitens der Fachkräfte aus Koblenz... soviel zum Gespräch von außen. Immer wieder habe ich gehofft, dass meine Meinung und meine Sicht für seine Genesung von Bedeutung wären und ich nicht nur dazu verdammt bin, das Leid und Elend zu ertragen. Mein Mann fühlt sich zwar wohl.. aber das tut er ja in jedem Hilfssystem, aber er wirkt auch immer kranker. Die Depression scheint sich zu bessern, aber die PTBS wird immer schlimmer. Er kann nicht kämpfen, kann sich nicht richtig mitteilen... man sagt ihm sein Hirn funktioniert nicht.. also scheint er es auszusetzen... es ist wie verhext. Freitag hatte ich mich kurz erholt, nachdem ich mit den Kindern shoppen war... aber kurze Zeit später stürzte ich wieder in die Traurigkeit. Sonntag dann die Kommunionsfeier der Nachbarin, und immer bin ich allein präsent. In der letzten Woche entfernte ich den alten Maschendrahtzaun.. zum Teil war das recht schwere Arbeit und der Nachbar half mir mit Zangen aus, die ich dem hinterlassenen Chaoskeller nicht finden konnte. Und ich sah die Blicke, aber niemand fragte: Warum macht das nicht ER ? Warum kämpft sie sich so allein ab?
Es ist alles so schwer auszuhalten, und ich wünschte endlich wieder die Alte sein zu können. Ich war immer so lebenslustig, hatte Ziele und immer ne Portion Optimismus.. ich kann mich selbst nicht mehr ertragen so. Die ersten Sonnenstrahlen im Frühling brachten mich auch nicht in Glückseeligkeit, während mein Mann den Kaffee in der Sonne mit seinen Mitpatienten genoß, stand ich allein im Garten.. und kämpfte wieder mit den Tränen. Seit Tagen merke ich wieder, wie meine Beine schwächer werden, habe 3 kg in 5 Tagen abgenommen.. seit Beginn dieses Blogs sind das nun 18 kg... Ich bekomme kaum was runter, habe in allen Gelenken Schmerzen. Zum Arzt will ich auch nicht, weil ich gar nicht weiß, was ich sagen soll.
Als heute immernoch niemand aus der Klinik angerufen hatte und die Befunderöffnung stattfinden sollte, zog es mir endgültig die Füße weg... diesmal konnte ich mich fangen und knallte nicht auf den Boden. Ich will das einfach nur noch beenden. Die Befunderöffnung wurde dann nach hinten geschoben, morgen soll es sein. Ich rief also meinen Mann an, um ihn zu fragen, was mit dem Haus nun passieren soll... ich halte die Hängepartie einfach nicht mehr aus, ich kann nicht mehr. Er sagte, er will noch warten... ich wollte nicht. Er sagte, ich müsse mich dann eben erkundigen, wie ich meinen Teil verkaufen kann. Ich fragte ihn, ob er mit is Ausland kommen würde... er wollte es abwarten. Aber die Kinder dürfte ich mitnehmen.. er lässt uns alle ziehen. Als ich ihn fragte, ob er lieber den Therapieweg allein gehen will, ohne uns als Belastung (denn nur so empfinde ich mich), verneinte er das aber. Mein Herz tut so weh...
Bei der Bank sagte man mir: Gemeinsam verkaufen oder muß mich ausbezahlen.. kann er ja nicht. Ich vereinbarte, dass der Makler das Hasu bewerten solle.. so wissen wir wenigstens, mit wieviel minus ich aus der Sache raus komme. Zur Zeit gäbe es viele Interessenten...
Kurze Zeit später kündigte sich eine gute Freundin an, die zum Glück lange lange blieb. Sie erzählte ein wenig von ihren Sorgen und lenkte mich ab.. bis Koblenz anrief... und ich nur ans Telefon ging, weil sie da war! Ich telefonierte lang mit der sehr netten Ärztin, erzählte meine Sicht und meine Bedenken. Sie fragte nach meinen Scheidungsabsichten... ich fragte, ob er welche hääte? Ihr Einschätzung macht mich fertig: Er hängt an Ihnen, aber er kann nicht kämpfen!
Ja.. ber ich kann es doch auch nicht mehr... wer kämpft für uns? Meine Freundin hielt mir das ganze Gespräch die Hand, brachte mir ein Glas Wasser, stand mir bei. Und aufeinmal steht wieder die Ehe in Frage.. war doch genau da eigentlich geklärt, dass wir beide für uns kämpfen wollten. Die Ärztin sagte mir auch, dass sie mich gern dort gesehen hätte, aber mein Mann ihr gesagt hätte, dass das nicht ginge. Dabei hatte ich ihm gesagt, dass ich komme, wenn er möchte und da Ferien waren, klappte das auch mit den Kindern. Er hatte es falsch verstanden, wie so vieles, was man versucht mit ihm zu besprechen.
Ich merke , wie ich immer weiter in die Depression rutsche und versuche mit allen Mitteln, die ich von mir kenne, die Rutsche zu stoppen. Bisher war der Arm meines Mannes der beste Halt.. aber der ist nicht mehr da. Und ich weiß nicht, ob ich diesen Arm je wieder zurück komme. Die Einschätzung aus Koblenz: Nicht heilbar!
Wie geht man damit um? Was will ich für meine Zukunft? Auf der einen Seite, meine Ruhe.. auf der anderen Seite weiß ich, wie sehr man Trennungen aus Vernunft sein Leben lang bereut. Und ich liebe meinen Mann nach wie vor.
Seit heute hat dann auch meine Tochter körperliche Symptome.. das erste mal in ihrem Leben Neurodermitis.
Da ich inzwischen jeden Tag Angst habe wieder ohnmächtig zu werden, habe ich unserem Sohn ( der ft ist in erster Hilfe) gezeigt, wie er an meinem Handy einen Notruf absetzen kann und ich habe ihm erklärt, dass Mama schon mal ungefallen ist. Er sieht mich leiden... und es macht mich mehr und mehr krank. Wer hilft uns endlich?? Immer wieder sagt mir die Bundeswehr, ich solle mir einen Therapeuten suchen, aber wann ich dann dahin gehen soll, zwischen Arbeit, Kindern, Studium, Haus, Hund und krankem Mann.. das sagt mir keiner!
Außerdem habe ich Angst, mich allein in das Hilfssystem zu begeben.. ich vertraue niemandem. Wirklich niemandem außer mir selbst, meinen Mann und meinen Kindern...
Ich wünschte mir eine einsame Insel, auf die ich mit meiner kleinen Familie flüchten könnte, um überhaupt erstmal wieder zueinander zu finden. Wie sehr wünsche ich das!!!
Ich habe inzwischen ernsthafte Ängste, einfach tod umzufallen.. Angst vor eoinem herzinfarkt oder Schlaganfall.. Angst , dass mein Körper vollkommen aufgibt. Wer ist dann für die Kinder da? Die beiden sind schon soo zerstört, wenn ich auch noch wegfalle, dann bricht alles zusammen.
Ich darf nicht umfallen, ich darf mich nicht um mich kümmern... ich werde weiter stark sein für mich und die Kinder... und eigentlich auch für meinen Mann. Allerdings glaube ich langsam, dass er es bald beenden wird, weil mich so einfach niemand mehr aushalten kann.

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Hallo,
ich bin auf dieser Seite gelandet und deine Geschichte berührt mich sehr. Ich würde mich freuen, einen Kontakt zu dir aufbauen zu können, wenn du daran Interesse hast. Ich bin selbst Freundin eines PTBS-erkrankten Soldaten und finde mich in deinen Schilderungen, Gefühlen und Ängsten sehr gut wieder.
Ich wünsche dir und deinen Kindern ganz viel Kraft!

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